Theobald Böhm wurde am 9. 4. 1794 in München als ältester von 11 Geschwistern geboren. Schon als Knabe hatte er sich gerne mit mechanischen Arbeiten beschäftigt. Mit 13 Jahren trat er in das väterliche Juweliergeschäft ein und wurde bald der tüchtigste Mitarbeiter.
Mit 16 Jahren (1810) nahm er Flötenunterricht bei Johann Nepomuk Kapeller (1776–1825), der ihm nach zwei Jahren erklärte, daß er ihm nun nichts mehr beibringen könne. Von 1812–1818 war er erster Flötist des königlichen Isartortheaters, ab 1818 war er Mitglied und von 1830–1848 erster Flötist der königlichen Hofkapelle in München. Zwischen 1821 und 1831 unternahm er ausgedehnte Konzertreisen, die ihn u. a. nach Wien, Prag, Dresden, Berlin, Leipzig, Zürich, Genf, Venedig, Strasbourg, London und Paris führten. Nach einem Schreiben der Königlich Bayerischen Hofmusikintendanz vom 26. 12. 1830 ist er ,,neben Fürstenau in Dresden als bester Flötist in Deutschland anerkannt“, in einem der führenden Musiklexika des 19. Jahrhunderts wird er ebenfalls als ,,einer der ersten Flötenvirtuosen Deutschlands“ bezeichnet (Mendel, H. / Reißmann, A.: Musikalisches Conversations-Lexicon. Berlin 1880, Band 1, S. 68).
Auch als Flötenlehrer genoss Theobald Böhm großes Ansehen. Zu den berühmtesten seiner über 100 Schüler gehören in Europa Moritz Fürstenau (Dresden), Hans Heindl (Wien), Karl Krüger (Stuttgart) und Rudolf Tillmetz (München), in den USA Martin Heindl (Boston Symphony Orchestra), Carl Wehner (New York Philharmonic Orchestra) und Eugen Weiner (New York).
Mit 24 Jahren (1818) begann seine Ausbildung als Komponist mit praktischem Kompositionsunterricht bei Peter von Winter (Hofkapellmeister von 1801 bis 1825), der wie Beethoven und Schubert bei Antonio Salieri in Wien studiert hatte und mit theoretischem Kompositionsunterricht bei Joseph Grätz, der wie Carl Maria von Weber bei Michael Haydn in Salzburg ausgebildet wurde. In der Instrumentation wurde er ab ca. 1820 von seinem Freund Joseph Hartmann Stuntz (Hofkapellmeister von 1823 bis 1837) geleitet, einem Schüler Winters und Salieris. Im Dezember 1820 spielte Theobald Böhm „unter nimmer endenwollendem Beifalle“ sein Opus 1, das 1822 bei seinem Flötenschüler Joseph Aibl im Druck erschien. Die Liste seiner musikalischen Werke umfaßt 37 Werke mit Opuszahl und 54 Bearbeitungen ohne Opuszahl, darunter 26 Bearbeitungen für Altflöte in G, insgesamt ca. 1500 Seiten. 21 Werke können mit Orchester- oder Klavierbegleitung gespielt werden. Die Beliebtheit seiner Werke und Bearbeitungen ergibt sich nicht nur aus begeisterten Konzertberichten und der Würdigung in Musiklexika als ,,Meisterwerke“ (Schilling, Gustav: Universal-Lexikon der Tonkunst. Stuttgart 1835, Band 1, S. 698), sondern auch aus der großen Anzahl von über 300 Neuausgaben, deren Mehrzahl in Frankreich, Großbritannien und den USA erschienen ist. Außerdem gibt es heute ca. 65 Schallplatten mit Werken von Theobald Böhm.
Mit 34 Jahren (1828) eröffnete er eine eigene Flötenbauwerkstatt. Seine erste Flöte hatte er bereits 18 Jahre zuvor gebaut. Mit der Erfindung der nach ihm benannten konischen Ringklappenflöte im Jahre 1832 und der Zylinderflöte im Jahre 1847 sicherte er sich zweifellos den größten Nachruhm. Die wichtigsten Neuerungen 1832 waren die richtige Position der Tonlöcher und die Erfindung eines neuen Klappensystems, das es ermöglicht, mit den zur Verfügung stehenden neun Fingern alle 14 Tonlöcher gleichzeitig zu schließen bzw. zu öffnen. Die wichtigsten Neuerungen 1847 waren die noch genauere Position der Tonlöcher (nach akustischen Studien bei seinem Freund Prof. Karl von Schafhäutl), die zylindrische Bohrung mit sich verengendem Kopf, das Material Metall und ab 1848 die Deckelklappen. Seine Flöten wurden bei den Industrie- bzw. Weltausstellungen in München (1834, 1835, 1854), Leipzig (1850), London (1851) und Paris (1855) mit Gold- bzw. Silbermedaillen ausgezeichnet. Während sich seine Flöten im Ausland, besonders in Frankreich, England und den USA, sehr schnell durchsetzten, dauerte es in Deutschland verhältnismäßig lange, bis ihnen der verdiente Durchbruch gelang. Über die Anzahl der bis 1847 hergestellten Flöten kann man nur spekulieren (erste Werkstatt Theobald Böhm, 1828–1839, vielleicht ca. 150 Flöten; Werkstatt Böhm & Greve, 1839–1846, vielleicht ca. 100 Flöten), die ungefähre Zahl der nach 1847 gebauten Flöten ergibt sich aus den Geschäftsbuchfragmenten (zweite Werkstatt Theobald Böhm, 1847–1861, ca. 150 Flöten; Werkstatt Böhm & Mendler, 1862–1888, ca. 400 Flöten). Heute gibt es ca. 250 erhaltene Flöten von Theobald Böhm und seinen Partnern und Nachfolgern, davon etwa die Hälfte in Museen.
Neben dem Flötenbau machte Theobald Böhm weitere bedeutende Erfindungen auf dem Gebiet der Herstellung von Spieldosen (ca. 1816), des Klavierbaus (Patent 1835), der Kraftübertragung bei Rotationsmaschinen (Silbermedaille der Society of Arts, London 1835), der Eisenverbesserung (Patent 1835; Ritterkreuz des Verdienstordens von König Ludwig I. für die Einführung des neuen Verfahrens in den bayerischen Hüttenwerken, 1839) und der Ableitung und Verbrennung der Hochofengase (Patent 1840). Ferner erfand er einen funkensicheren Lokomotivkamin (Patent 1841) und ein Fernrohr zur Brandlokalisierung (1841).
Theobald Böhm starb am 25. 11. 1881 in München im gleichen Haus am Altheimer Eck 15, in dem er auch geboren wurde. Auf dem Alten Südlichen Friedhof, Sektion 12, hat er seine letzte Ruhestätte gefunden.
Böhm wurde als Sohn des Goldschmieds Karl Friedrich Böhm geboren. Bereits mit 14 Jahren war er ein ausgebildeter Goldschmied und Juwelier. Er erregte Aufsehen als reisender Flötenvirtuose "Paganini der Flöte", als Instrumentenbauer und genialer Erfinder, sowie als Komponist. Auch weit außerhalb der Musik, im technischen Bereich (Eisenerzverhüttung), betätigte er sich.
Schon als Kind zeigte er Interesse an Musik, zunächst spielte er das damals beliebte Flageolett und ging dann zur Flöte über. Mit 14 Jahren baute er selbst seine erste Flöte nach einem Modell eines Dresdener Flötenbaumeisters. Ein Nachbar und Flötist der Münchener Hofoper unterrichtete den Jungen zwei Jahre lang. Als Dank baute Böhm immer neue, verbesserte Instrumente. Bald spielte er so gut Flöte, dass er erster Flötist im Königlichen Isartor Theater wurde. Tagsüber baute er Flöten und abends spielte er im Orchester.
Von 1816 bis 1818 begab er sich auf Wanderschaft. Seine Wege führten in die Schweiz und nach Straßburg.
Bis 1822 veröffentlichte er seine erste Komposition. Durch zahlreiche Konzerte in Deutschland, Österreich und der Schweiz wurde er berühmt und verdiente auch nicht schlecht, doch nicht genug, um seine größer werdende Familie zu versorgen. 1831 unternahm er eine Konzertreise nach London. England war ein flötenbegeistertes Land. Dort lernte er den damals sehr populären englischen Flötisten Charles Nicholson kennen. Der starke Ton von Nicholson veranlasste Böhm zu vielen akustischen Versuchen und Studien.
Nach seiner Rückkehr konstruierte er 1832 die konische Ringklappenflöte, ein Instrument mit seinem neu entwickelten Griffsystem, welches allerdings noch die damals gebräuchliche umgekehrt konische Bohrung besaß. Im folgenden Jahr ging er wieder auf Konzertreise und erreichte damit, dass sich das neue Instrument in Frankreich und England durchsetzte.
Jetzt wurde er Erfinder: mit einem Freund, dem Physikprofessor und Physiker Karl Emil von Schafhäutl entwickelte er neue Verhüttungsverfahren für Eisenerze, die er sich patentieren ließ. Auch in den folgenden Jahren sollte er noch einige Erfindungen auf diesem Gebiet entwickeln.
1834 fuhr er wieder nach Frankreich, wo sich im Gegensatz zu Deutschland das neue, von ihm entwickelte Griffsystem weit mehr etabliert hatte. Er versuchte zur gleichen Zeit, die Flöte weiter zu verbessern, was ihm 1847 mit der Einführung der zylindrischen Bohrung auch gelang. Er erteilte wichtigen Flötenbauern (unter anderem Rudall, Carte and Rose in England, Godefroy Ainé und Louis Lot in Frankreich) Lizenzen, und so starteten die neuen Flöten ihren Siegeszug. Noch heute wird die Querflöte bis auf unwesentliche Änderungen nach Theobald Böhms Entwicklungen gebaut. Auch den Klappenmechanismus verbesserte er in sinnreicher Weise durch die Anordnung von Klappen und Griffen an langen Armen. Im höheren Alter, im Jahre 1860 entwickelte er noch einmal ein ganz neuartiges Instrument, die Altquerflöte in g mit Böhm-Griffsystem. Diese ist mit ca. 87 cm deutlich länger als die normale Böhmflöte (ca. 69 cm) und klingt eine Quarte tiefer. Gegriffen wird sie wie eine Böhmflöte in C, der tiefste klingende Ton ist aber ein g, sie ist also ein transponierendes Instrument. Die Altquerflöte verfügt über einen außerordentlich vollen, warmen und modulationsfähigen Ton.